Das Marientor gehört zu den fünf Stadttoren welche die Stadt Naumburg vor Angriffen von Feinden schützen sollte, wobei es als einziges die Zeit überdauert hat.
Nach dem Bau des alten Marientores zwischen 1340 und 1380, begann man ab 1455 das Stadttor weiter auszubauen.
Das Tor bestand nunmehr aus zwei Torhäusern die durch einen gebogenen Fanghof miteinander verbunden sind und von einer Barbakane umschlossen ist.
Die Barbakane besaß auf der Außenmauer einen schmalen Wehrgang welcher zu dieser Zeit zum Hof hin keine Wand besaß. Diese Bauweise ist in Mitteldeutschland heute nur noch beim Marientor komplett zu betrachten.
Das äußere Tor wurde im 90 Grad Winkel zum Weg angebracht. Grund ist, daß das Tor hierdurch nicht direkt angegriffen (gerammt) werden konnte. Sollte das Eindringen doch erfolgen, so mußten die Angreifer anschließend noch das innere Tor durchdringen. Bei einem solchen Versuch konnten die Angreifer im Fanghof weiterhin von den Wehrgängen und dem sich am Innentor anschließenden quadratischen viergeschossigen Tor aus bekämpft werden.
Ab 1511 erfolgte eine Ausschmückung des Marientores. So erhielten die Wände und Giebel eine Verzierung aus
Backstein, wobei diese mit Mustern verziert sind. Zu finden sind diese Verzierungen auf den hofseitigen Wänden der
Barbakane und den Giebeln des inneren Torbaues. Ferner erfolgte der Ausbau der Barbakane über dem äußeren
Tor mit weit gespannten Gewölbe, sodaß mehrere Räume entstanden.
Diese Räume dienten zur Verteidigung des Tores in dem in ihnen Geschütze ausgestellt werden konnten. Rund 200
Jahre später (ca. 1693 -1705) wurden die Räume durch Wände unterteilt und dienten fortan als Wohnung des
Torwächters.
Nachweisbar ab etwa dem 16. Jahrhundert wurde das Marientor auch als Gefängnis genutzt. Dies war zur damaligen Zeit üblich, da die dickwandigen Türme meist leer standen und die Stadttore ohnehin rund um die Uhr bewacht werden mußten. Zunächst entstanden vier Zellen, wobei nicht bekannt ist mit wieviel Gefangenen diese belegt waren. Im 19. Jahrhundert entstand im südlichen Wehrgang eine weitere Gefängniszelle. Die Nutzung des Marientores als Gefängnis endet durch den Bau des zur damaliger Zeit modernsten Gefängnisses gegen 1870.
1531 erfolgte der Neubau der Brücke vor dem Außentor aus Stein.
Wie alle Städte so besaß auch Naumburg das Recht für Waren Zölle zu erheben. Dieses geschah auch am Marientor. Hierzu gab es Einnehmer die sich mangels Bauten im Freien aufhielten. Erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts erfolgte der Bau eines Zollkontrollhäuschens seitlich an den Barbakanen. Dieses diente dem Aufenthalt der Zöllner und der Kontrolle und war mit einer Tür zum Innenhof verbunden. Der Anbau welcher früher auch als Wohnhaus und öffentliche Toilette diente, beherbergt heute eine Touristeninformation und besitzt dadurch nur noch äußerlich sein originales Aussehen.
Bereits im 14. Jahrhundert diente das Tor auch als Wohnung. Zuerst wohnte der Turmwächter im obersten Turmgeschoß. Seine Wohnung war mit einem Abort und Ofen ausgestattet. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts verlegte man im Zuge der Nutzung des Tores als Gefängnis die Wohnung in das Innere des Torbaues. Nachdem das Stadttor im 17. Jahrhundert aufgrund der technischen Entwicklung der Waffen seine militärische Bedeutung verloren hatte, baute man es um und es entstanden sieben Wohnungen. Zwei dieser Wohnungen wurden vom Torwächter und dem Gefängniswärter bewohnt. Nach der Beendigung der Gefängnisnutzung nutzte man auch diese Räume ohne größere Umbauten als Wohnung. Die Nutzung des Marientores als Wohnung endete um 1990.
In den 90iger Jahren begann man erneut das Tor umfassend zu sanieren. Dabei wurde die Stadt durch die Wüstenrot
Stiftung finanziell unterstützt.
Hierbei kam es allerdings zu einem Eklat in der Stadt. Der Bevölkerung der Stadt wurde die Frage gestellt, ob man
die Mauern des Tores verputzen soll oder nicht. Nachdem die Stimmen ausgezählt waren, ergab sich, daß die
Bewohner das Marientor nicht verputzt haben wollten (ca. 90 %).
Trotz dieser großen Mehrheit schloß man sich, aufgrund der geringeren Erhaltungskosten in den Folgejahren, der
Minderheit an und verputzte die Mauern des Tores.
Nachdem das Marienbildnis des Marientores sich mehrere Jahre im Stadtmuseum befand, steht es heute wieder an seinem ursprünglichen Standort über dem äußeren Tor. Allerdings trägt sie nicht mehr das Jesuskind auf dem Arm, da dieses im Laufe der Jahre irgendwie abhanden gekommen ist.
Heute wird das Marientor neben dem Tourismus auch für zahlreiche kulturelle Veranstaltungen genutzt. Hierzu wird in den Sommermonaten ein Zeltdach im Innenhof aufgespannt.
Auf dem vorgelagerten Marienplatz befinden sich einige Lokale, in denen man sich erholen und bewirten lassen kann. Auf dem Platz finden ebenfalls verschieden Feste statt (Biermeile, Naumburger Nächte, Peter-Pauls-Messe).
Gegenüber dem Marientor liegt die Marien-Magdalenen Kirche (nicht Marienkirche, da sich diese auf dem Gelände des Domes befindet). Im Sprachgebrauch spricht man dennoch von der Marienkirche.
Auf der anderen Straßenseite des Postringes befindet sich das Depot der Straßenbahn und die Post. In ihm sind die Straßenbahnen während ihrer Ruhezeit abgestellt. Zu den jeweiligen Festen der Stadt besteht die Möglichkeit einer Fahrt mit den historischen Bahnen. Ab 2005 sollen die Bahnen wieder regelmäßig den Betrieb zwischen Bahnhof über Jäger- und Theaterplatz und Salztor aufnehmen.
Das Stadttor kann täglich zu den Öffnungszeiten besichtigt werden (Wehrgänge, Innenhof, und Wohnräume). Am Eingang sind hierzu 50 Cent in einen Türautomaten einzuwerfen (April bis Oktober).